Songs können wahre Klassiker sein. Das merkt man auch daran, wenn ein Lied besonders oft interpretiert wird. In unserer Rubrik „Versionen“ kompilieren wir einen Song in unterschiedlichsten Varianten. Heute: „The Shadow of your Smile“ von Johnny Mandel und Paul Francis Webster von 1965. Mit Ella Fitzgerald, Henri Mancini, Marvin Gaye und vielen mehr.
Coverversionen von Songs macht man aus zwei Gründen. Entweder fehlt einem das musikalische Talent oder man möchte sich mit seiner Interpretation vor dem Original verbeugen. Eine Art Reminiszenz. Wie uns aber die Popgeschichte auch gelehrt hat, sind Cover häufig nur ein lauwarmer Aufguss einer guten Ausgangsbasis. Man kann eben auch viel falsch machen. „The Shadow of your Smile" von Johnny Mandel (Musik) und Paul Francis Webster (Text) scheint da ein wenig anders. Das Lied stammt ursprünglich aus dem Kinofilm „The Sandpiper“, zu deutsch „... die alles begehren“ von Vincente Minelli und Elizabeth Taylor und Richard Burton in den Hauptrollen aus dem Jahr 1965.
Im Film wird der Song von einem Chor abwechselnd von männlichen und weiblichen Stimmen gesungen. Die wenigsten dürften diese Version kennen. Relativ bald darauf hat sich „The Shadow of your Smile“ aber zu einem Standard entwickelt. Kaum ein großer Star, der nicht eine Version im Programm gehabt hätte. Ob Frank Sinatra, Barbra Streisand, Tony Bennett oder Shirley Bassey, aber auch unzählige instrumentale Jazz-Versionen gibt es von diesem Stück. Denn so einfach, impressionistisch und skizzenhaft der Song wirken mag, so schwierig ist es, ihn angemessen zu interpretieren. „The Shadow of your Smile“ ist ohne Frage einer der ganz großen Songs des 20. Jahrhunderts. Vielleicht auch gerade, weil es keinen im Popsinne Original-Künstler mit Gesicht dazu gibt, wie beispielsweise bei einem Bob Dylan-Song. Es bleibt mehr Luft für die Interpretation, bei einem Beatles-Song sieht man Pilzköpfe vor dem inneren Auge. Ob man will oder nicht.
Viele kennen wahrscheinlich die Version von Astrud Gilberto. Als Bossa Nova Anfang der 2000er ein großes Revival erlebte, wurde wohl so ziemlich jedes ambitionierte Kaffeehaus damit beschallt. In den hier ausgewählten Versionen wird vor allem auch die Universalität des Songs deutlich. Jeder Künstler schafft aus dem Song etwas ganz Eigenes. Die minimale Version mit Gitarre von Sammy Davis Jr., die besonders breit orchestrierte Version von Henri Mancini oder Ella Fitzgerald mit diesen unglaublichen Streicherarrangements. Damals war nicht alles besser, aber wenn man sich diese Produktionen anhört, kann man erkennen mit welchem Aufwand in den 60ern Schallplatten produziert wurden. Großes Handwerk, üppige Budgets/Studios und fantastische Musiker. Kann man den gleichen Song elfmal hintereinander hören? In diesem Falle ja. Erst der Facettenreichtum der zahlreichen Versionen macht „The Shadow of your Smile“ zu einem Gesamtkunstwerk.