Track-Premiere: Meeting By Chance – LinesDer beste Electronica-Entwurf seit Langem

Meeting B Chance - Porträt

Das belgische Label Apollo steht seit jeher für sanfte und ambiente Seite von elektronischer Musik. Aphex Twin, Biosphere, Locust, Sun Electric, John Beltran, Thomas Fehlmann: Der Apollo-Sound war und ist ein freundschaftlicher Gegenentwurf zum Schwester-Label R&S. Am 8. September erscheint die erste Platte von „Meeting By Chance“ und fügt der Klangpalette eine weitere Nuance hinzu. Ein Unbekannter ist Marcin Cichy hingegen nicht. Das Filter premiert den Titel-Track der EP: „Lines“.

Wäre man doch nur näher dran an der Musikszene des Nachbarlands Polen. Dann hätte man – hoffentlich – einen viel besseren Eindruck vom bisherigen Schaffen von Marcin Cichy, der schon seit den 1980er-Jahren der experimentellen Video-Szene seiner Heimat mit Beats und Melodien hörbare Struktur gegeben hat. Unter anderem. Der Komponist, so ist zu lesen, wurde schon in jungen Jahren vom Fernsehen für Auftragsarbeiten verpflichtet. Hierzulande kennt man ihn – wenn überhaupt – durch seine gemeinsamen Veröffentlichungen mit Igor Pudło. Als Skalpel haben sie mehrere Alben veröffentlicht, tief durchwirkten Jazz, für den man sich ordentlich Zeit nehmen musste, um ihn zu ergründen. Es sei denn, man begnügte sich mit den Videos. Diese intensive Beschäftigung hätte vielleicht auch dazu geführt, dass man Cichys Solo-Prjekt wahrgenommen hätte: „Meeting By Chance“. Hier gibt es bereits erstaunlich viel Material, was dringend nachgehört werden muss. Mit seiner ersten EP auf Apollo werden nun hoffentlich mehr Menschen auf ihn aufmerksam.

Meeting By Chance - Artwork

Cichys Liebe für den Jazz, bzw. für akustische Instrumente bilden die Basis dieser fünf Tracks. Die Akzente hingegen setzen die überaus vorsichtig eingesetzten Erinnerungs-Partikel an die goldene Ära der Electronica, die nicht zuletzt auf seinem jetzigen Label Apollo so prägende Veröffentlichungen hervorgebracht hat. Die Art und Weise, wie Cichy produziert, führt ganz automatisch dazu, die Referenzmaschine anzuwerfen: große Hallräume, sporadischer Bass, im Wind windende Gitarren, die Besen auf der Snare, und immer wieder dieses Knistern. Hier ist jemand dabei, der Langsamkeit eine neue Farbe zu verpassen. Das passt gut in die aktuelle Zeitlupenästhetik von Apollo mit Synkro etc., aber noch besser in eine Welt, die sich schneller dreht denn je. Das ist nicht cheesy, das ist nicht altklug, sonder vielmehr ein Rettungsanker, komprimiert auf 25 Minuten Musik. Fünf davon hört ihr bei uns zuerst. Den Titel-Track der EP: „Lines“. Eine unbedingte Empfehlung.

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