It's not only a Paper MoonAi Weiwei und Olafur Eliasson bringen den Mond ins Wohnzimmer

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Unzählige Mythen ranken sich um die „dark side of the moon“, die von der Erde aus nicht sichtbar ist. Als Neil Armstrong also am 21. Juli 1969 als erster Mensch der Welt den Mond betrat und eine Flagge der USA, made in China, im steinigen Boden einpflanzte, war das eine große Sache und erweiterte das amerikanische Staatsgebiet um knapp 38.000 Quadratkilometer. Mission accomplished, wenn man so will. Spätestens seit Iron Sky ist schließlich auch der Mythos um die Aussiedlung der Nazis auf die dunkle Seite des Mondes landläufig bekannt.

Olafur Eliasson und Ai Weiwei zeigen sich gleichgültig gegenüber der Ausweitung des Staatsimperialismus auf den Mond. In ihrem interaktiven Kunstprojekt Moon beschreiben sie den Mond als einen Raum frei von Religion und Nationalität, da er (noch) nicht bewohnt werden kann und bringen ihn deshalb kurzerhand ins eigene Wohnzimmer.
Der Mond ist als abstrakter Raum im Cyberspace eingebettet, um so ein globales Projekt zu schaffen, das sich als Plattform für gesellschaftlichen Austausch versteht – natürlich durch Kunst: „Through messages and non-verbal communication, in a language unique to each person, the collective work becomes a testament to personal freedom, creativity, and activity“, schreiben Weiwei und Eliasson auf ihrer Website. Die Leinwand des Mond-Interfaces kann dank des bequemen Zeichentools beliebig bemalt werden. Rund 35.000 Besucher haben bereits ihre Zeichnung hinterlassen: *„Your drawing is a hinge between you, everyone else, and the universe“. Im Gegensatz zum richtigen Mond hält der virtuelle Mond ein weiteres Versprechen bereit: das Potential, ins Unendliche zu wachsen.

Der dänische Künstler Olafur Eliasson setzt sich in seinen Arbeiten vorrangig mit Lichtinstallationen, Raum- und Realitätsbildung auseinander. Er gründete 2009 das Institut für Raumexperimente an der Universität der Künste Berlin. Im Zentrum steht dabei meist der Rezipient, dessen Sinneswahrnehmungen er zu reizen versucht, um so den Alltagsstrom aufzubrechen. Der Raum besteht dann nicht mehr nur als Anschauungsraum, sondern rückt in abstrahierter Form in die Mitte der Gesellschaft.
Das gemeinsame Projekt mit Ai Weiwei macht sich so die heterogene Sphäre des Mondes zu Eigen und schafft einen unendlichen Raum, einen „endless canvas“, wie sie ihn bezeichnen. Dabei übersetzen Eliasson und Weiwei Leon Battista Albertis Bild als Fenster in eine andere Welt ins virtuelle Universum. Neben Zeichnungen von Penissen, "Mooning" (also blanken Hintern) und Ghandi, hat sich auch Ai Weiwei mit einer Handschellenzeichnung verewigt. Nach seiner Festnahme 2011 in China wurde dem Künstler und Aktivisten eine Gastprofessur an er UdK Berlin angeboten, wo er außerdem ein weiteres Atelier eröffnen wollte. Bislang verweilt sein Reisepass jedoch noch bei der chinesischen Regierung, was die Thematik des Projekts für ihn umso dringlicher macht: einen Ort zu schaffen, der Kommunikation ermöglicht und die Meinungsfreiheit fördert. „Drawing together we are drawn together“, heißt es dazu auf ihrer Seite.

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Begleitet wird das Projekt außerdem von Natasha Mendonca, einer Künstlerin aus Mumbai, die zeitweilig in Eliassons Studio residierte. In ihrer zwölfteiligen Filmserie CineMoon denkt sie Ai Weiweis und Olafur Eliassons Vorhaben weiter: Space, Kommunikation und Transformation werden hier sowohl online als auch offline verhandelt.
Auch wenn nicht der tatsächliche Mond bemalt wird, scheint die Metapher gelungen: der Mond, der frei von Staatsgrenzen und Religion in den weiten des Cyberspace seine Kreise zieht. Dennoch bleibt die Frage offen, ob die Transformation vom Makrokosmos auf den Mikrokosmos nicht nur implizit im Projekt verankert ist, ebenso wie der Raum frei von Ein- und Abgrenzungen. Ob die Zeichnungen also Kunst sind oder Klowandschmierereien, darüber lässt sich sicherlich streiten.

Auf der Seite moonmoonmoonmoon.com können Zeichnungen gemacht oder einfach angesehen werden.

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