Leseliste 18. Juni 2017 – andere Medien, andere ThememGabber-Mode, Grenfell Tower, The One Device und Moodyman

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Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

Hardcore mit Stil

Glatze, schmale Silhoutte, Kangol-Jacke oder -Pulli, enge Jeans, unten aufgeschnitten, damit die Nike Air Max besser sichtbar sind: Eine Figur, der man in den 1990er-Jahren in den Niederlanden überall begegnete, von beschaulichen Städten wie Zwolle bis ins Zentrum der Subkultur Rotterdam. Gabber Gabber hey, die wegbassende Antwort der holländischen Jugend auf die behäbige Bürgerlichkeit. Dieser Beitrag umrahmt eine Modestrecke im Gabberstil und erzählt den Spätgeborenen in kompakter Version, was es mit diesem Phänomen auf sich hat, das 1992 – parallel zum Rave in Großbritannien – durch die Decke ging, zum Thunderdome-Mega-Kommerz wurde, einstürzte und sich später wieder neu erfand.

„The word “gabber” itself is a slang term (derived from the Yiddish word “chaver”) meaning “buddy,” or “pal.” The story goes that when asked about the burgeoning movement, Amsterdam DJ KC the Funkaholic replied that it was merely, “a bunch of gabbers having fun”. It would only be a short time until that bunch of gabbers turned into a legion whose numbers were in the thousands.“

How Hardcore and Gabber Shaped Modern Menswear

Grenfell Tower

photo credit: Catholic Church (England and Wales) Grenfell Tower fire: 24 hours on via photopin (license)

Flammendes Inferno

Wie ein Hausbrand in der „dritten Welt“ sehe er aus, der Brand des Grenfell Tower in London, kommentierte ein britischer Feuerschutz-Experte auf Twitter. Wie kann es sein, dass in einer westlichen, wohlhabenden Stadt ein Gebäude derart abbrennen kann, sich von Stockwerk zu Stockwerk entzündet und am Ende viele Menschen darin ihr Leben lassen mussten (zum aktuellen Zeitpunkt werden noch viele Bewohner vermisst)? Die Hintergründe und Ursachen werden – die Politiker betonen es schon jetzt, natürlich – gesucht und ermittelt werden, doch der große Hintergrund, der ist schon da: Großbritannien und London insbesondere ist zutiefst gespalten. Hier die moneymaker, da diejenigen, die sich die Mieten kaum noch leisten können. Der neue Bürgermeister Sadiq Khan will, so wird er nicht müde zu betonen, leistbare housing-Projekte vorantreiben und London wieder bezahlbar machen. Jetzt, wo ein Haus, das seine Menschen in den Tod reißt, weil offensichtlich billige, brennbare Materialien verarbeitet und Hinweise der Bewohner auf die Gefahr in den Wind geschlagen wurden, ist diese Notwendigkeit offensichtlicher denn je.

„Theresa May’s new chief of staff, Gavin Barwell, was one of a series of housing ministers who sat on a report warning that high-rise blocks of flats such as Grenfell Tower were at risk of fire. He failed to carry out the review that had been requested.“

A Very Political Tragedy

10 Jahre iPhone

Über Apple sind schon viele Bücher geschrieben worden, die wenigsten davon taugen dazu, auch wirklich gelesen zu werden. Entweder bestehen sie aus ausufernden und romantisierten Erinnerungen ehemaliger Ingenieure, oder aber sie stützen sich vornehmlich auf nicht originäre Quellen: Mit Apple über Apple zu sprechen, ist so gut wie unmöglich. Dieses Jahr feiert das iPhone, unbestritten Apples wichtigstes Produkt bislang, seinen zehnjährigen Geburtstag. Auch um das Smartphone ranken sich viele Geschichten und Mythen. Wer hat wann die Entwicklung angestoßen, welche Prototypen wurden gegeneinander abgewogen, welche Technologien tatsächlich in Cupertino erfunden? Nichts genaues weiß man nicht. Brian Merchant, Redakteur bei Motherboard interessiert sich in seinem neuen Buch „The One Device“ zwar auch für diesen Teil der iPhone-Geschichte, er zieht den Rahmen aber größer auf. Und rekonstruiert nicht nur das Geschehen im Silicon Valley, sondern nutzt die Chance, um uns ein weiteres Mal vor Augen zu führen, wie komplex es ist, ein solches Produkt in die Regale zu stellen. Von den Fabriken in China über die Minen in Bolivien, in denen die benötigten Rohstoffe aus der Erde geholt werden bis zum Forschungslabor in Cupertino. Das Gerät, das einen Paradigmenwechsel in unserem Kommunikationsverhalten angestoßen hat, erzählt viele Geschichten. Das Buch von Merchant erscheint am 20. Juni, The Verge hat einen Vorabdruck veröffentlicht.

„We’re gonna do a phone.“

The Secret Origin Story Of The iPhone

Mysterium Moodyman

Ob als Produzent oder an den Decks: Moodyman ist altbekannt und bleibt doch Rätsel. Seit den 90ern finden seine Tracks den Weg von Detroit in die Welt, doch das erste Interview gab es erst 2007. Mittlerweile hat er schon öfter ins Mikro gesprochen, doch die Konturen von Künstler, Mensch und dem dazwischen sind bis heute unscharf. Der Guardian blickt zurück: Auf das, was den Sound von Moodyman auszeichnete, als der Jahreszahl noch keine Zwei voran stand. Auf das, was Moodyman im Lauf der Nullerjahre hat erfolgreicher werden lassen. Im Wesentlichen also auf das künstlerische Schaffen, Releases, Musik. Um was anderes ging es dem Künstler eh nie.

„Here was house music that stank; house music with dirty teeth that hadn’t changed its T-shirt; house music where you could hear the grit soaked into every groove.“

Cult heroes: Moodymann – the enigma who remade dance music

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Philippe Halais, Graph Rabbit und Bushido

Das Filter präsentiert: Nicola Cruz liveSlow-House zwischen Regenwald und Anden