Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##Die nächste Schießerei kommt bestimmt
Als Journalist muss man auf bestimmte Dinge vorbereitet sein, auch auf solche, über die man eigentlich gar nicht berichten will. Zum Beispiel Amokläufe, Schießereien im Allgemeinen und an Schulen im Besonderen. Zwar lassen sich solche Vorfälle textlich nicht komplett vorbereiten wie zum Beispiel Nachrufe, doch für den Fall der Fälle helfen Textbausteine, um die Katastrophe zeitnah zu melden: Auch und vielleicht gerade bei schlechten Nachrichten will jedes Medium die Nase vorn haben. Polly Mossendz von Newsweek hat ihre Katastrophen-Presets jetzt veröffentlicht. Und erläutert, wie man seinen Text Schritt für Schritt ausbaut, immer aufbauend auf der Nachrichtenlage.
„Meine Kollegen und ich machen gute Arbeit bei der Berichterstattung über Schießereien. Wir haben einfach jede Menge Übung.“
##Die Wahrheit braucht Zeit
Wenn Dinge geschehen, insbesondere wenn schlimme Dinge geschehen, ist man ganz schnell auf der Suche nach Antworten. Manchmal sind die Antworten schon da, bevor überhaupt die richtigen Fragen gestellt wurden. So war es auch nach dem Amoklauf an der Columbine High School 1999, bei dem zwölf Schüler und eine Lehrerin ermordet wurden. Ruck zuck war von Außenseitern und einer Trenchcoat-Mafia die Rede. Aus Gerede wurden Fakten. Heute weiß man es besser. In der Reihe Retro Report blickt die New York Times auf Ereignisse vergangener Jahre und Jahrzehnte zurück – und stellt die Infos heraus, die sich im Laufe der Zeit tatsächlich als wahrheitsgetreu erwiesen haben.
„The Trench Coat Mafia was like… We were video game nerds who sit around the table and play Dungeons & Dragons, what is the least dangerous thing you could do.“
##London, Damaskus, München, Athen
Ziad Adwan geht es gut in London. Er hat seine Dissertation in Theaterwissenschaft eingetütet, lebt ein urbanes, kulturreiches Leben. Irgendwann wacht er auf und beschließt: Zurück nach Syrien. Dort beginnt der Alptraum des Bürgerkriegs. Adwan macht seine eigene Situationskomik daraus, indem er Soldaten an den Grenzposten in Gespräche verwickelt. Bis er in Gefahr gerät, kurzzeitig gekidnappt wird und fliehen muss. Schließlich landet er in Athen. Eine Schicksalsreportage, die auch zeigt, wie dicht dran dieses Syrien an Europa ist.
Er steigt aus seinem Marienkäfer aus. Außer ihm ist hier niemand. Dann gibt es eine Detonation. Nichts Ungewöhnliches an diesem Ort in diesen Tagen. Ein vertrauter Sound. Tausende Male gehört. Doch diesmal ist es anders.
##Jean-Michel Jarre
Im Alter von 67 Jahren veröffentlicht der französische Musiker Jean-Michel Jarre ein neues Album. Und wagt sich dabei erstmals zu 100 Prozent in die Gegenwart. Auf dem zweiteiligen Epos „Electronica“ (der nächste Teil soll im Frühjahr nächsten Jahres erscheinen) haben die unterschiedlichsten Musiker mit Jarre an Stücken gearbeitet. Von Boys Noize bis Vince Clarke, von Moby bis Hans Zimmer, von Lang Lang bis Laurie Anderson, die mit Jarre schon in den 80ern in New York abhing. Von der Musik kann man halten, was man will, die Art und Weise wie Jarre das Projekt angegangen ist, ist vorbildlich. Hier wurden keine Files hin und hergeschickt, Jarre ging auf Weltreise, um die Musiker selbst im Studio zu treffen. Denn Jarre hat ein Problem mit dem Internet, auch wenn technischer Fortschritt das ist, was ihn nach wie vor antreibt. Er darf das sagen, hat er doch mit zahlreichen Aktionen im analogen Zeitalter unseren heutigen Umgang mit Kunst und Medien nicht nur prophezeit, sondern auch entscheiden geprägt.
„Ich komme aus einer Zeit, in der Melodien als cheesy galten.“
A rendezvous with electronic music pioneer Jean-Michel Jarre