Als der Komponist Karlheinz Stockhausen die ersten Experimente in seinem berühmten Kölner Studio 1 mit Magnetbändern startete, war da auf einmal dieser Loop ...
Ein Schnipsel eines Tonbands neu zusammengeklebt, so dass das Ende zugleich den Anfang des Klangstücks markierte und unendlich oft abgespielt werden konnte. Zu der Zeit war das alles sehr aufwendig. Viele Mitarbeiter mussten in langwieriger Kleinstarbeit Magnetbänder zerschneiden und neu zusammensetzen. Heute geht das schnell und einfach. Für die sogenannte Ernste Musik war so etwas damals neu. Ging es bis dahin doch um die große Narration, den Gestus und das Genie der Komponisten. Das große Werk. Ein ewig dauernder Loop hat die musikalische Zeit augmentiert. Man konnte Details erkennen, ganz andere Klangwelten taten sich auf, Musik war plötzlich nicht mehr etwas, das in dem einen Moment von einem Musiker physisch gespielt werden musste.
Der Rest ist Geschichte. Sampling, Computer und Loops bestimmen die Popmusik. Sei es im HipHop, Techno oder House. Jeder, der einmal einen guten Abend in einem Club erlebt hat, weiß, dass vier Viertel in der Dauerschleife ausreichen können, um ein großes Erlebnis zu schaffen. Aber gerade die Einfachheit des Konzepts macht es auch schwierig, etwas wirklich Perfektes zu machen. Plötzlich hat man gar nicht mehr so viel Zeit und Platz, um all seine Ideen unterzukriegen. Minimalismus, Reduktion, Fokussierung sind die Folge. Dinge sind auf einmal wieder Meta. Anders als in der House-Musik, die immer viel Raum für Popmomente, Harmonien und Vocals anbot, ging es im Techno häufiger um die Physis und Direktheit des Klangs. Ob bei Jeff Mills oder Richie Hawtin, mit vier Plattenspielern oder noch mehr Traktor-Decks, man konnte nie genug Loops übereinander schichten, um als DJ ein ganz individuelles Moment zu schaffen.
##Funkelnde Einhörner
Der Techno-Loop hat mit dem animierten GIF einen visuellen Laufpartner im 21. Jahrhundert gefunden. Das GIF gibt es zwar schon seit einer Ewigkeit (genau genommen seit 1987) und hat in der ersten Dekade des WWW bereits sein Unwesen getrieben (Wir alle kennen die funkelnden Einhörner und MySpace-Sternchen aus vergangenen Zeiten. Aber auch heute noch gibt es Menschen, die dieser Ästhetik in einem unglaublichen Exzess frönen). Dann geriet das GIF in Vergessenheit und tauchte erst mit der Generation Y und Tumblr wieder auf. GIFs, diesmal meistens animiert, bevorzugt als Loops aus Filmen oder TV-Serien. Eine Art bewegte Bilderfolie, um immer die richtige Antwort parat zu haben. GIFs hat man aus Fails gebastelt, dann waren Reaction-GIFs populär. Mittlerweile gibt es viele Designer und Visualisten, die ihre eigenen, genuin produzierten GIFs ins Internet stellen. Einige mit hoch künstlerischem Anspruch.
Loops und Kontemplation
Ein GIF ist dann ein gutes GIF, wenn man es sich stundenlang angucken kann, auch wenn es sich nur um eine Schleife von wenigen Sekunden handelt. Der Loop kann eine eigene Dynamik entwickeln, in der Repetition eine ganz eigene Schönheit und Erzählung. Das ist die Gemeinsamkeit zu Techno. Auch da will man es sich zwischen vier Bassdrums auf die Ewigkeit gemütlich machen. Was sagt das über unsere Welt aus? Da ist diese Massivität der Informationen, die über einen runter regnet und kaum Zeit zum Verschnaufen erlaubt. Die nicht weniger werdende Redundanz von Notifikationen und immer heißeren News. In solchen Zeiten scheint ein guter Loop, egal ob Techno oder GIF eine Form der Kontemplation zu sein. Ist man im Alltag der fleischgewordene Flaschenhals der digitalen Informationsmasse, setzt man sich bei einem Loop mit möglichst wenig Information auseinander. Man wird auf einmal wieder Mensch, man kann reflektieren, assoziieren oder sich einfach nur bestrahlen lassen. Wenn es einem genug ist, schaut man einfach weg, drückt den Stop-Knopf oder geht vom Club nach Hause.