Leseliste 10. Juni 2018 – andere Medien, andere ThemenParty-Patriotismus, Instagrams Algorithmus, #BBCSaveMaidaVale und Deliveroos Betriebsrat

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Berlin Reichstag LL 100618

Photo by AC Almelor on Unsplash

Party-Patriotismus

Darion Brentin ist Nationalismusforscher am Zentrum für Südosteuropastudien der Universität Graz. Im Interview mit dem Standard erklärt er unter anderem, inwiefern der Party-Patriotismus 2006 in Deutschland zum Erstarken der neuen Rechten geführt hat und welche Rolle Fußballnationalismus in heutigen Zeiten spielt.

„Oft werden identitätspolitische Entwicklungen angestoßen, die man erst viel später wahrnimmt. Man denke etwa an den deutschen "Party-Patriotismus" von 2006. Heute geht man davon aus, dass der Erfolg der AfD – später nochmals befeuert durch die Flüchtlingskrise – gar nicht möglich gewesen wäre ohne diese Normalisierung des Patriotismus und die Propagierung eines neuen deutschen Nationalbewusstseins während der WM 2006.“

Party-Patriotismus und Schizophrenie beim Nationalteam

Das zeigt uns Instagram

2016 änderte das Foto-Sozialnetzwerk seine Darstellungsform der Posts von chronologisch rückwärts auf ... ja, auf was eigentlich? Das wollte Techcrunch mal genauer wissen und erhielt Infos, die für Facebook (weil Instagram ja gleich Facebook) schon recht detailliert sind. Coder werden sie nicht zufriedenstellen, aber dem normalsterblichen Nutzer erklären sie es doch schon recht ordentlich. Interesse am Thema, Zeitnähe seit Post-Erstellung und Beziehung zum Postenden sowie Häufigkeit der Nutzung, Länge der Nutzung und Anzahl der Nutzer, denen man folgt, wirken demzufolge auf den individuellen Feed ein. Und noch ein paar Dinge mehr.

Facebook is already uncool, so Instagram must stay in our good graces.

How Instagram's Feed Works

Quelle: YouTube

Ende einer Legende

Leider gibt es (noch) keinen guten Text zu diesem Thema. Fest steht: Die BBC will die legendären Studios in Maida Vale schließen. Damit würde ein geschichtsträchtiger Ort der Musikkultur aus dem Norden Londons verschwinden. Hier wurde ein Großteil der John Peel Sessions aufgenommen, hier war der Radiophonic Workshop untergebracht, hier spielte das hauseigene Symfonieorchester, hier arbeitete während des Zweiten Weltkriegs die Notbesatzung der Nachrichtenredaktion. Hier spielten die Beatles, Led Zeppelin, Radiohead, The Fall und David Bowie. Und hier nahm Bing Crosby wenige Tage vor seinem Tod seinen letzten Track auf. Natürlich: nothing lasts forever – das wissen wir alle. Der historische Studiokomplex – der innerhalb der BBC als nicht mehr zeitgemäß und über alle Maßen unpraktisch gilt – soll nicht einmal als Museum erhalten bleiben. Am Olympiastadion im Osten der Stadt – in Stratford – will der öffentlich-rechtliche Sender bis 2023 ein neues Musikzentrum aufbauen. Wird bestimmt gut, aber auch sehr teuer. Im Netz regt sich derweil Widerstand, vornehmlich von Musikern, die selbst schon in diesen heiligen Hallen spielen und aufnehmen konnten. Hashtag: BBCSaveMaidaVale. Die Pressemeldung des Senders liest sich erwartungsgemäß faktisch und trocken, Pitchfork hat die Protest-Tweets gesammelt.

„What the fuck is happening to this country? soon we will only be left with KFC’s & Estate Agents.“

BBC Closing Its Historic Maida Vale Studios

(K)ein Betriebsrat für Deliveroo

Auf die angestrebten Betriebsratsbildungen bei den Plattform-Lieferdiensten Foodora und Deliveroo wurde von Beginn an ein mediales Auge geworfen. In diesen Artikel geht es nur um Deliveroo und darum, wie das Unternehmen das Vorhaben Betriebsrat augenscheinlich systematisch torpediert. Theoretisch gibt es Gesetze, die dies verhindern sollten. Betriebsratsmitglieder sind zum Beispiel unkündbar – soweit die Theorie. Dies gilt aber nicht für fristgerecht auslaufende Verträge, wie sie bei Deliveroo der Regelfall sind bzw. waren. Denn inzwischen setzt man noch stärker auf Freelancer, also Fahrer ohne festen Arbeitsvertrag. Mitarbeitermitbestimmung ist für diese Fahrer ausgeschlossen – denn es sind ja keine Mitarbeiter.

„Mittenmayers Kollege, der die Betriebsratsgründung mit vorangetrieben hatte, bekam kurz darauf eine Abmahnung. Den Arbeitsvertrag mit ihm hat Deliveroo wenig später auslaufen lassen. Über die Gründe wollte sich Deliveroo im März gegenüber ZEIT ONLINE nicht äußern.“

So umfährt Deliveroo Mitbestimmung

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Snail Mail, Sophia Loizou und Gzuz

„Heimat, Familie und Zugehörigkeit – das geht jeden etwas an“Interview: Leon Vynehall über sein multimediales Album-Projekt „Nothing Is Still“